Soll man nun? Oder doch lieber nicht? Stören wir? Oder sind wir gar erwünscht und erwartet?
Fragen, die man ggf. nur für sich selbst beantworten kann – wie so viele Fragen im Leben.
Und Fragen, die vielleicht nie umfassend beantwortet werden können. Die Rede ist von Wal- und Delfinbeobachtungstouren.

Um es vorweg zu nehmen. Meine persönliche Antwort auf die Frage:
JA, wir sollten aufs Meer fahren und Delfinen und Walen begegnen!
Wenn ich mich auf Whale Watching beziehe, gehe ich immer von einem respektvollen Whale Watching aus nicht von einer massentouristischen „die Tiere sind mir egal –hier geht es nur ums Geschäft-Haltung“.

Das kleine Problem beim Delfine und Wale beobachten ist, dass sich die heutzutage so eleganten und anmutigen Tiere entschlossen haben ihren Lebensraum vom Land wieder zurück ins Wasser, sprich ins Meer, zu verlegen Das Ergebnis von ca. 50 Mio. Jahren evolutionärem Prozess lässt uns heute oft verzückt, freudig strahlend, in der Tiefe berührt und beeindruckt – meist auf einem Boot – zurück.

Delfine und Wale – faszinierende Meeressäuger – locken Millionen von Menschen jedes Jahr aufs Meer. Obwohl es für viele nicht nur angenehm ist, sich auf ein schaukelndes Boot zu begeben, tun sie es. Und es macht deutlich – wir leben in verschiedenen Elementen. Wir können die Meeressäuger nur zeitweise besuchen – das Meer ist nicht unser zuhause.

Und die Meerestiere sollten besser davon absehen uns zu besuchen, denn Strandungen enden oft mit dem Tod der Tiere.

Das neudeutsche und sprachübergreifende Wort „Whale Watching“ begann in Kalifornien, wo Fischer in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts zum ersten Mal Gäste mit aufs Meer nahmen, um den migrierenden Grauwalen zu begegnen. Ende der 90er Jahre wurde „Wale beobachten“ zu einem neuen boomenden Tourismuszweig.
Mittlerweile gibt es in 90 Ländern ca. 20 Mio. Menschen pro Jahr, die diesen Versuch wagen.

Ja, und sollte man es denn nun tun?

Klar ist, wenn wir auf Meer fahren, was wir z.B. täglich vor der kleinen Kanareninsel La Gomera mit den OCEANO Gomera Booten tun, nehmen wir Einfluss!
Wir können mit dem Boot nicht so tun, als gäbe es uns nicht.
Wir werden gehört. Wie gesagt, man muss sich darüber klar sein, dass unsere Anwesenheit bemerkt wird – Meeressäuger leben in einer Welt der Töne.
Und auf unser Benehmen dort draußen kommt es tagtäglich immer wieder an.

Bin ich ein höflicher Gast oder eine Nervensäge?

Worauf wir achten sollten – und kanarische WW Regulationen schreiben das auch vor – dass unser Einfluss so gering wie möglich ist und wir uns vor allem berechenbar verhalten. In Kurzform ist respektvolles Whale Watching: Wir sind zu Gast und die Wale und Delfine sind die Gastgeber.
Wir bewegen uns ihrem Ess- und Schlafzimmer, in ihrem Wohnzimmer.
Was erwarten wir von Gästen in unserer Wohnung?
Klar, dass sie sich angemessen verhalten – dann sind sie auch gern gesehen.

Wichtige Aspekte und Verhaltensmaßregeln dabei sind:
Kurs halten – berechenbar sein.
Die Tiere kommen lassen. Sie gehen in Kontakt, wenn sie Lust darauf haben und nicht anderweitig beschäftigt sind.
Besonders vorsichtig und achtsam fahren, wenn Kälber und Jungtiere dabei sind.
Je nach Situation – den Motor des Boots abstellen. Herrlich die Stille auf dem Meer und das kraftvolle Atemgeräusch der Lungenatmer! Leider schaukelt es dann oft auch mehr – so dass es nicht immer möglich ist.
Nach einer schönen Begegnung auch wieder loslassen können und weiterfahren. Wenn wir merken, dass wir unerwünscht sind: Weiterfahren!
(So etwas wie Mutter und Kalb nicht zu trennen etc. erwähne ich gar nicht erst, da es für mich so klar und naheliegend ist und mir bei der Vorstellung die Nackenhaare zu Berge stehen…)
Ganz wichtiger Faktor: Wie viel Boote sind in der Nähe und sprechen sich diese über Funk ab?

Als 1996 auf den Kanarischen Inseln erstmals Whale Watching-Gesetze eingeführt wurden, war es den Delfinen nicht erlaubt in der Bugwelle zu reiten. Diese wussten das allerdings nicht. Die Boote haben dann die Strafzettel bekommen, wenn sie mit Delfinen in der Bugwelle erwischt wurden!

Nach ein paar Jahren hat man die Gesetze angepasst, als man gemerkt hat, dass so eine Regelung praxisfremd ist, denn die Delfine suchen den Kontakt. Was sie mit großen Walen machen, mögen sie auch mit Booten…

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Meine persönliche Meinung: Wal- und Delfinbeobachtung gibt uns Menschen so viel, es ist so wertvoll für den Lebensraum Meer und Umweltbildung vom Feinsten, wenn wir uns da draußen benehmen!

Klar, als Gast muss man sich der jeweiligen Bootscrew anvertrauen.

Weiterhin bin ich davon überzeugt, dass die Proteste gegen Walfang und jährlichen, barbarischen Massentötungen von Delfinen und Walen (Japan: die Bucht Taiji und auf den Färöer Inseln) und die Schutzbemühungen der Meere nicht so eine große Lobby hätten, wenn es das Whale Watching nicht gäbe.

Und ja, stimmt auch, diese Lobby ist auch für meinen Geschmack immer noch zu klein – angesichts der wirtschaftlich motivierten Interessen, die Meere verschmutzenden und der ausbeutenden, als gäbe es kein Morgen, industriellen Fischerei. Ganz zu schweigen von der Geräuschverschmutzung der Weltmeere durch den zunehmenden Frachtverkehr im Zuge der Globalisierung.

Auch hier werden wir auf uns selbst zurück geworfen: Wie verhalte ich mich tagtäglich?

Bin ich Teil der Lösung oder des Problems?

Schwimmen mit Delfinen? Auch ein kontrovers diskutiertes Thema. Auch führende Schutzorganisationen sprechen sich strikt dagegen aus.
Wir bieten Reisen mit Delfinschwimmen an. Meine persönliche Meinung dazu ist, dass wir als Schwimmer im Wasser deutlich weniger Einfluss nehmen als Boote. Oft müssen wir bemerken, wie langsam und unelegant wir uns in ihrem Element bewegen, das einfach nicht unser zuhause ist. (Schlecht fürs Ego und oft auch wie uninteressant!)

Delfinschwimmen ja – für mich nur in freier Wildbahn unter passenden Umständen – ich würde nie zu Delfinen in einen Pool steigen. Ganz sicher nicht in einen Pettingpool mit Delfinen.

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Auch hier wichtig: Das respektvolle Verhalten: Ich bin zu Gast und die Delfine die Gastgeber.
Sie entscheiden, ob es zum Kontakt kommt. Sichere Begleitumstände! Gut vorbereitete Schwimmer im Wasser mit eben einer rezeptiven Haltung. Respekt ist angesagt– es sind kraftvolle Tiere!

Dann kann dieses Erlebnis einzigartig bis lebensverändernd sein.
Was für ein anmutiger Anblick einmal eine kleine Delfinschule im wunderschönen Blau des Meeres zu sehen – und sie ggf. auch zu hören.

Um es klar zu haben: Ich bin kein Fan von Delfinarien, schon gar nicht von Orcas in Gefangenschaft und muss auch nicht um jeden Preis mit Delfinen schwimmen (ich bin auch schon aus dem Wasser gegangen, wenn ich das Gefühl hatte, es sind zu viele Schwimmer im Wasser und die Situation ist nicht passend).
Und es muss auch nicht für konsumverwöhnte Touristen, die nach einer wunderschönen Walbegegnung fragen:
„Und, wo sind nun die Delfine?“ eine Sensation erzeugt werden,
sondern es geht um die Flexibilität, die Natur so zu nehmen, wie sie sich in dem Moment zeigt:

Jede Begegnung, jede Ausfahrt, jeder Tag auf dem Meer ist anders und verlangt von uns,
den Bootsführern und Guides ein möglichst angemessenes Verhalten auf die jeweilige Situation.

Immer und immer wieder. Es gibt kein Patentrezept und nobody is perfect. Wir lernen ständig neu dazu und sammeln Erfahrungen. Wichtig ist in meinen Augen die Haltung und Intention, mit der wir uns da draußen bewegen, egal ob als Schwimmer oder mit dem Boot.

Was ich nicht mag, sind Forscher, die gegen Delfinschwimmen und dann die ersten im Wasser sind und am besten noch mit Ausnahmegenehmigung.

Und wenn wir uns schon so eine Frage stellen: Wäre es vielleicht wichtiger, dass wir uns noch stärker um ihren Lebensraum kümmern, den Menschen als Mülldeponie und für vieles mehr benutzen. Und um ihre Nahrungsgrundlage? Denn Fisch gibt es nicht mehr viel in den Ozeanen. Ohne Fisch keine Delfine und Wale – das ist eine ganz einfache Rechnung.

Vielleicht ist Whale Watching ein marginaler Störfaktor angesichts der großen Probleme in den Weltmeeren?

Ich denke, da z.B. an Fukushima. Wie viel Mio. Liter radioaktiv verseuchtes Wasser flossen
und fließen noch immer ins Meer? Letztendlich steht der ganze pazifische Ozean auf dem Spiel.
Kein Mensch spricht darüber und die Medien schon gar nicht. Weil er so weit weg ist?

Intakte Ozeane sind nicht nur für die Meeressäuger wichtig sondern auch für uns Menschen und deren kommende Generationen. Sie sind unsere Lebensgrundlage.

Einen interessanten Beitrag leistet dafür das Cleanup Ocean Projekt. (www.theoceancleanup.com)

Und dann wäre da noch ein anderer Aspekt:

Was sind die Delfine und Wale eigentlich für Wesen?

Diese Warmblütler mit einem größeren Gehirn als das menschliche, diese sich selbst erkennenden Wesen
und empathischen Netzwerker…? Diese biologisch hochentwickelten Tiere mit vielen interessanten Fähigkeiten?
(Dazu mehr im nächsten Blogbeitrag)

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Wie nehmen sie uns wahr? Als Störfaktor? Als willkommene Abwechslung? Wir wissen es nicht genau – und gleichzeitig verhalten sie sich nicht selten, als würden sie sich über unseren Besuch freuen: Freunde kommen vorbei.
Überall auf der Welt gibt es Beispiele von interessierten Interspeziesbegegnungen.
Oft scheint das Interesse nicht nur auf unserer Seite zu sein.

In Freundschaft mit Delfinen und Walen.

Susanne Braack

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